Die sechste, vollständig umgearbeitete Auflage erschien 1875-1879 in 18 Bänden bei Spaarmann (Oberhausen und Leipzig). Genauer Titel: „Pierers Universal-Conversations-Lexikon. Neuestes encyklopädisches Wörterbuch aller Wissenschaften, Künste und Gewerbe“. Beachtenswert ist die erstmalige Verwendung von „Conversation“ im Titel eines Pierer Lexikons. Es ist sehr wahrscheinlich, daß hiermit beabsichtigt wurde, sich mehr an die (wirtschaftlich) erfolgreicheren großen Konkurrenten Brockhaus & Meyer & deren Lexikon-Titel anzulehnen.
Die Bände umfassen zwischen 792 & 870 Seiten, insgesamt etwas mehr als 14.500 Seiten. Die 6. Auflage des Pierer-Lexikons ist die letzte, die den ursprünglichen Charakter des Werkes beibehielt & die erste Ausgabe an der Julius Löbe (er verließ den Verlag 1874 aus Altersgründen) nicht mehr mitwirkte. Ein junger Mitarbeiter der Redaktion, Joseph Kürschner, sollte einige Jahre später Herausgeber der nächsten & letzten Pierer Ausgabe werden. Jedoch mußte bei dieser Auflage dem Zeitgeist insofern Tribut gezollt werden, daß viele der in der vorangegangenen vierten bzw. fünften Auflage enthaltenen Artikel über Personen, Genealogien & Gelehrte früherer Jahrhunderte weggelassen wurden. Dafür sind neue technische & naturwissenschaftliche Sachverhalte ausführlich behandelt. Auch die Geschichte der in den 60er- & 70er Jahren neu erschlossenen afrikanischen Gebiete wurde berücksichtigt. Und im Vergleich zu den Hauptkonkurrenten ist auch diese Pierer Auflage wiederum deutlich mehr um Neutralität bemüht. „Während der ‚Pierer’ bei gemäßigt liberaler Grundhaltung jede persönliche Spitze vermied, paßte sich der ‚Meyer’ stets der Regierung an, und diese Regierungstreue ... verschaffte dem ‚Meyer’ seinen großen Erfolg – nicht unbedingt ein günstiges Zeichen für die politische Urteilskraft des deutschen Mittelstandsbürgers, der stets regierungsfromm war.“ (Brauer, 1967).
Der Herausgeber Spaarmann bezeichnete damals sein Lexikon als "modernste Enzyklopädie" der Zeit, die "Vorrang gegenüber allen übrigen Enzyklopädien" besitze. In der Tat zeigt sich die Ausgabe mit ihren durchweg farbigen geographischen Karten sowie ihren zahlreichen Holzstich-Tafeln (teils zu größeren Motivserien zusammengefaßt; siehe auch Bilder in der Galerie) der zeitgleich erschienenen dritten Meyer-Auflage in gestalterischer Hinsicht ebenbürtig, wenn nicht gar überlegen. Dies gilt in noch stärkerem Umfang gegenüber Brockhaus; dessen zeitgleiche 12.Auflage immer noch ein Textlexikon ohne jegliche Illustrationen war.
Historisch überliefert ist, daß das Literarische Institut für den Druck der ersten fünf Bände die Spaarmannsche Buchdruckerei Bauer & Witzler in Oberhausen beschäftigte, welche ab Band sechs - vermutlich wegen Nichtbezahlung der Druckereirechnung - auch den Verlag des Lexikons übernahm (Peche, 462). Daher existieren auch einige (wenige) Bände mit dem Literarischen Institut auf dem Titelblatt (Berlin und Leipzig).