Meyers Konversations-Lexikon 6. Auflage (1902-1908 / 1920)

Die sechste Auflage des Meyer-Lexikons erschien ab 1902 unter dem Titel "Meyers Großes Konversations-Lexikon. Ein Nachschlagewerk des allgemeinen Wissens".
Erstmalig verzichtete das Bibliographische Institut auf eine heftweise Auslieferung, erstmals bei einem deutschsprachigen Lexikon wurden die Verlagseinbände aufwändig hergestellt & in eleganter Jugendstil-Ornamentik dekorativ gestaltet. Bisher war es den größeren Buchhandlungen überlassen gewesen, dem "bürgerlichen Repräsentationsstreben" mit prachtvollen Einbänden Genüge zu leisten (vgl. Ausführungen bei Meyers Konversationslexikon 4. Auflage & Meyers Konversationslexikon 5. Auflage). Damit war das Meyers-Lexikon Brockhaus wieder einen Schritt voraus: Hier erschien die gleichzeitig veröffentlichte 14.Auflage verlagsseitig in schlichterem Einband (Prachtausgaben der verschiedenen Buchhandlungen gab es natürlich dennoch); erst die 15. Auflage des Brockhaus erschien verlagsseitig in dekorativerem Einband.

Das Hauptwerk (s. Bilder 1-8) umfasst 20 Bände mit mehr als 150.000 Artikeln & Verweisen auf mehr als 18.500 Seiten & mit mehr als 16.800 Abbildungen, Karten & Plänen im Text und auf 1.522 Illustrationstafeln (darunter 180 Farbdrucktafeln, zumeist Chromolithographien, und 343 Kartenbeilagen) sowie 160 Textbeilagen. Zum Vergleich: die 14. Auflage von Brockhaus enthielt nur 9.000 Abbildungen, 120 Chromolithographien sowie nur 100.000 Stichworte.
So verwundert es nicht, daß Kenner um die Jahrhundertwende diesen Meyers "...als den bestgemachten, zuverlässigsten 'Meyer' in hundert Jahren [rühmen] ..." und als "... im Augenblick wohl das bekannteste deutsche Konversationslexikon..." bezeichnen, welches "...[besonderen Wert] auf Naturwissenschaften, Technik und Geographie [legt] und [reich] ist an Literaturangaben, Illustrationen und Karten...", somit als "...umfassendstes deutsche Konversationslexikon der Neuzeit ..." genannt wird (Peche, 384).

Insgesamt konnten etwa 240.000 Exemplare abgesetzt werden (im Jahr 1909 allein 50.000 Stück), rd. 80% der Ausgaben wurden über den Reisebuchhandel, der Rest über den Sortimentsbuchhandel verkauft. Einen noch größeren Erfolg dieses Lexikons verhinderte der Ausbruch des Ersten Weltkrieges.

Diese sechste Auflage erfuhr ab 1903 diverse Abdrucke & komplette Exemplare liegen daher relativ oft in Mischausgaben - teils Bände "Neuer Abdruck" - vor.
Erschienen sind verlagsseitig fünf unterschiedlich gestaltete Einbandvarianten (in der Galerie finden Sie einige Bilder):

Eierstabausgabe (Bilder 2+12): Schwarze Halblederausgabe mit Ornamentband am oberen und unteren Kapital (stilisiertes Eierstabornament). Ohne Goldschnitt & keine Halbfranzbindung wie bei der Prachtausgabe; Vorsatz zumeist schmucklos.

Jugendstilausgabe oder auch Bibliotheksausgabe (Bilder 3+9): Schwarze Halblederausgabe mit Jugendstil-Liniendekor nach einem Entwurf von Otto Eckmann. Vorsatz schmucklos. Am häufigsten hergestellte Ausführung.

Jugendstil-Prachtausgabe (Bild 4): Schwarze Halblederausgabe mit zwei roten Rückenschildern, reicher Linienornamentverzierung, Kopfgoldschnitt & goldverzierte Lederecken auf grünen Buchdeckeln. Ornamental verzierte Vorsätze & zweiseitiger Grünschnitt. Halbfranz-Bindung.

Eichenlaubausgabe, Prachtausgabe in rotem Halbleder (Bild 5, sehr lichtempfindlich) mit Ornamentband am oberen & unteren Kapital (Eichenlaub-/Blattornament), Kopfgoldschnitt & goldverzierte Lederecken auf grünen Buchdeckeln. Ornamental verzierte Vorsätze & zweiseitiger Grünschnitt.

Kriegsausgabe: Original-Leinen oder Lederimitation aus Pappe; erhältlich in vier Farbtönen: grün, blau, weinrot, schwarz. Rückenbeschriftung in Weiß - statt Goldprägungen. Optisch in der Rückengestaltung zumeist der Eierstabausgabe angelehnt. Kriegsbedingt wurden dieser Ausgabe die Pläne & Karten deutscher Städte nicht beigebunden. Teils sind auch Kriegsexemplare der o.a. vier Ausführungen in Halbleder erhältlich, bei welchen diese Pläne noch bei Auslieferung durch den Verlag oder durch das Militär manuell entfernt wurden (hier zumeist noch deutlich mehr Pläne & Karten als bei der späteren Kriegsausgabe enthalten).

Es erschienen neben dem 20-bändigen Grundlexikon noch folgende Bände:

Band 21, Ergänzungen und Nachträge, 1909 (Bild 9). Mit 1.029 S., 842 Abb., Kart. u. Pl. im Text auf auf 89 Taf. (davon 8 in Farbendruck & 12 selbstständige Kartenbeilagen).

• Die Jahressupplemente 1909/1910 (Band 22), 1910/1911 (Band 23) & 1911/1912 (Band 24). Mit jeweils knapp 1.000 S. mit mehr als 1.000 Abb. und Farbdrucktafeln, Karten & Textbeilagen (Bilder 9-11).

• Von 1914-1920 noch drei – äußerst seltene – Kriegsnachtragsbände I, II, III (Bilder 12ff.).
Kriegsbedingt zumeist in schlichterem Einband - einzig in der Eichenlaubausgabe gibt es Exemplare in Halbleder - sowie unter Verwendung von deutlich schlechterem Material; mit der Konsequenz, daß diese häufig in nicht mehr so gutem Zustand vorliegen (Klammern gerostet, Bindungen gelockert, lose Seiten etc.). Diese Nachträge enthalten auf jeweils rund 400 Seiten umfangreiche Berichte sowie detaillierte Karten, Orden, Uniformen etc. zum ersten Weltkrieg. Die Kriegsnachträge I & II sind bereits sehr selten, der III. Teil ist heute kaum noch erhältlich.

Ein ursprünglich noch geplanter 25ter Band - welcher ein Register der in den Bänden 22-24 enthaltenen Abbildungen, Karten & Beilagen umfassen sollte - erschien nicht mehr.